Bevor ich mich selbständig gemacht habe, war ich Sozialarbeiterin. Diplompädagogin, eigentlich. Ja, ich habe Erziehungswissenschaft studiert – und literarisches Schreiben. Manche Sätze aus meiner Sozialarbeiterzeit sind Gold wert. Das sind nicht zwingend die, die ich aus Vorlesungen habe, sondern oft Sprüche von Klienten. So wie
Chill ma dein Leben, Alter!
Ich musste mir immer auf die Zunge beißen, um nicht grammatiknazimäßig einzuschreiten. In der letzten Woche habe ich mich wieder an diesen ungeschliffenen Klotz von Satz erinnert. Ich war damit beschäftigt, weiter an einer Art Redaktionsplan zu arbeitet und meine zukünftige Standard-Arbeitswoche versuchsweise zu strukturieren. Als gäbe es so was überhaupt!
Prioritäten und Struktur vermitteln Sicherheit – zumindest theoretisch
Während meiner CSS-Bastelarbeiten am nach wie vor leeren Blog hätte ich ausflippen können. Es macht mich unruhig, dass das nicht klappen will. Da wächst das Bedürfnis nach Struktur. Struktur gibt mir eine gewisse Sicherheit und damit Ruhe.
Vor langer Zeit habe ich für Lecturio einen Blogartikel über die GTD-Methode geschrieben. Mir scheint das ein tolles Instrument zu sein. Allerdings steht das dafür angelegte Hängeregister hier seit Ewigkeiten herum, ohne dass ich es je angefasst hätte. Ich organisiere mich primär mit meinem Google-Kalender und Zenkit To Do
Davor hat ein Paperblanks-Planer in Verbindung mit Wunderlist lange Zeit einwandfrei für mich funktioniert. Dann stellte ich aber fest, dass die Aufgaben immer vielfältiger wurden. Vielleicht bekommt GTD eine zweite Chance? Ich vermute nicht. Aber ich habe einen wichtigen Gedanken daraus mitgenommen:
Alles, was du als Unternehmerin zu tun hast, ist gleich wichtig
Gewagte These? Vielleicht. Aber man muss eben auch mal einkaufen gehen, staubsaugen oder die Spülmaschine ausräumen. Wäsche waschen, um gleich mal auf mein Lieblingsverschleppungsthema einzugehen!
Ich habe mir angewöhnt, mir auch diese Notwendigkeiten als Arbeit anzuerkennen. Sie sind die Basis – wenn ich nichts anzuziehen habe, kann ich nicht zu meinem Kundentermin. Wenn der Kaffee leer ist, dauert es viel länger, die Augen aufzukriegen. Wenn die Fusselmonster überhandnehmen, fühle ich mich unwohl und bin unkonzentriert.
Um Geld zu verdienen, muss ich auch die passenden Rahmenbedingungen schaffen, zu denen nun mal auch die Banalitäten gehören. Es ist das ewige Drama der Hausfrau: Ihre wertvolle Arbeit wird nicht als Leistung anerkannt, oft nicht mal von ihr selbst. Haben wir das als Entrepreneurinnen, als Unternehmerinnen nicht abgeschüttelt?
Ich glaube: Nein. Nach wie vor glauben wir, wir müssten „jetzt aber auch mal was arbeiten“, selbst wenn es den ganzen Tag über noch keine Minute gegeben hat, die wir für uns selbst genutzt haben. Um auf dem Sofa zu liegen, kurz vor die Tür zu gehen, zu meditieren, eine entspannte Tasse Tee zu trinken.
Arbeit ist bei Soloselbstständigen alles, was getan werden muss
Dass in der GTD-Methode ALLES integriert wird, fand ich deshalb einen wertvollen Gedanken. Was getan werden muss, muss getan und deshalb auch eingeplant werden. Es verdient Aufmerksamkeit und Anerkennung, egal worum es geht.
Ich erinnere mich gut an das Entsetzen der Schülerinnen und Schüler in der Berufsvorbereitung, wenn wir uns mit der Frage beschäftigt haben, ob denn Nichtarbeitszeit automatisch Freizeit bedeutet (Nein!). „Wann kann ich denn dann noch Fußball spielen?!“
Atmet mal durch, liebe Chefinnen mit eigenem Business. Ihr seid wahnsinnig fleißig! Habt kein schlechtes Gewissen, wenn ihr euch ausreichend Schlaf zugesteht, mal eine Stunde vertrödelt oder tatsächlich ganz absichtlich nichts Nützliches tut.
Produktivitätssklaverei hilft der Arbeit nicht, im Gegenteil. Wenn du dir die Zeit nicht von deinem inneren Antreiber nehmen lässt, der immer längere Arbeitszeiten von dir verlangen will: Glückwunsch!
Deine Arbeit ist niemals wichtiger als du
In letzter Zeit habe ich immer wieder den Tipp gehört und gelesen, „halt mal weniger fernzusehen“ und stattdessen an den eigenen Zielen zu arbeiten. Zuerst war ich kurz verunsichert, dann dachte ich: Also mich könnt ihr gewiss nicht meinen!
Dass ich tatsächlich mal vor dem Fernseher liege und einfach nur fernsehe, passiert beinahe nie. Nein, ich zeichne, übe, denke, notiere, lese. Für mich ist der TV oft einfach eine Art Hintergrundrauschen, das mir bestimmte Arbeiten erleichtert. Kennst du das? Da haben wir es: Selbst in der vermeintlichen Freizeit arbeiten wir.
Als ich auf die Ursache meiner mysteriösen Schmerzen im Daumengelenk gestoßen bin, musste ich mich wirklich selbst in den Senkel stellen (meint, für alle Nichtschwaben: Nachdrücklich zurechtweisen, gerade rücken). Der Grund für die Beschwerden war meine individuelle Handstellung beim Lesen und Schreiben auf dem Smartphone.
Vielleicht braucht es manchmal solche „Wow, Moment, was?!“-Erfahrungen, damit wir uns wieder darauf besinnen, dass bei aller Liebe zum Beruf der Rest des Lebens auch noch da ist. Wer immer nur auf sein Business fokussiert ist, verpasst zu viel. Es kostet uns Kreativität, Energie und Freude.
Kümmere dich sorgsam um dein wichtigste Kapital: Dich!
Leben ist eine Gesamtheit, Arbeit ein gleichwertiger Teil davon. Können wir uns also darauf verständigen, dass das Business höchstens so wichtig ist wie alles andere? Ich arbeite weiter daran, mein Leben wieder so zu sehen:
Als Gesamtkunstwerk. Das ist keine selbst auferlegte Geschwindigkeitsbegrenzung, sondern viel eher der Beschleunigungsstreifen. Es geht um Achtsamkeit statt Leistung. Vielleicht hast du ja Lust, dich auf ein Selbstexperiment einzulassen?
Meiner Erfahrung nach ist es nämlich so, dass ich nicht nur ausgeglichener und konzentrierter bin, wenn ich gesund esse, mich ab und zu doch mal bewege und genug schlafe – ich bin auch produktiver. Insbesondere dann, wenn du für dein Business deine Kreativität und persönliche Energie brauchst, dein Einfühlungsvermögen und einen wachen Geist – respektiere dich als dein wertvollstes und wichtigstes Werkzeug.
Dein Handy muss laden. Jede Produktionsmaschine muss gewartet werden, obwohl jede Minute, die sie stillsteht, Geld kostet. Selbstverständlich. Oder? :) Mein wichtigstes Werkzeug bin ich. Es hat also auch mit unternehmerischer Vernunft zu tun, das wichtigste Werkzeug im Unternehmen sorgsam zu pflegen. Vor allem dann, wenn es gleichzeitig das größte Kapital, der motivierteste Mitarbeiter und die wichtigste Entscheidungsträgerin ist.
Übrigens: Viele Stunden zu arbeiten ist nicht gleichbedeutend mit Produktivität. Probier es doch mal eine Woche aus. Sorg gut für dich, nimm dir Zeit für die Pflege deiner wichtigsten Mitarbeiterin und schau, ob du in der übrigen Zeit mehr, weniger oder genauso viel bewältigt kriegst.
Professionell ist, Prioritäten zu setzen und zu delegieren
Für mich gehört es zum professionellen Handeln, mir gegenüber manchmal ehrlich zu sagen: Ich kann nicht alles alleine bewältigen, ohne mich fertig zu machen. Dann gebe die Aufgabe in die fähigen Hände anderer Solopreneurinnen ab.
Das, was mich stresst und aufgrund fehlenden Wissens zur Verzweiflung treibt, ist das Kerngeschäft einer anderen Selbständigen. Sie kann das viel schneller und oft auch besser als ich. Fragt meine Steuerberaterin! ;) Ja, man kann alles lernen und selbst erledigen. Aber wollen wir das?
Manchmal ja. Ich wollte lernen, mit WordPress umzugehen. Also habe ich mich durchgekämpft. Das ist ok, denn damit kann ich meinen Kundinnen helfen, ihre eigenen Websites zu erstellen. Oft lohnt es sich aber nicht, etwas unbedingt selbst machen zu wollen. Lerne, das zu unterscheiden.
Einen Tipp habe ich zum Schluss noch: Es kommt vor, dass ich bei genauerem Hinschauen feststelle, dass ich gar nicht wirklich unbedingt muss, was ich zu müssen glaube. Ha! Was sagst du dazu?

Als kleine Unterstützung für dich habe ich ein Achtsamkeits-Poster gestaltet, das dir hilft, dich ab und zu daran zu erinnern, einfach im Moment zu sein. Mein Bot schickt dir gerne die PDF-Vorlage zum Ausdrucken.
Kennst du meinen Rise2Shine-Club für Gründerinnen und Selbstständige? Dort geht es genau darum: Gemeinsam gelassen erfolgreich zu sein, statt sich im Dauerstress ein Magengeschwür zuzulegen. Und ja – auch das hab ich durchaus hinbekommen. Braucht kein Mensch!
Wie stehst du zur Selbstliebe, dem Delegieren und um Hilfe bitten? Verrate mir, welche Erfahrungen du gemacht hast. Hustle oder Achtsamkeit, was funktioniert für dich besser?


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